Bedarfsgesteuerte Materialbedarfsplanung

Die bedarfsgesteuerte Materialbedarfsplanung ist eine Fertigungsstrategie der plötzlichen Komprimierung der Vorlaufzeit, die in einer gesunden Produktionsumgebung durchgeführt wird. Sie ermöglicht das Erreichen von Kundendienstniveaus, niedrigere Kosten bei der Abwicklung und die Einhaltung der richtigen Bestandsniveaus.

Die bedarfsgesteuerte Materialbedarfsplanung (DDMRP) besteht aus fünf Hauptkomponenten:

1. Strategische Bestandspositionierung

Die strategische Bestandspositionierung ist der erste Schritt in der DDMRP-Implementierung. Der Hauptschritt im Prozess besteht darin, zu identifizieren, welche Artikel Kandidaten für die Definition als gepufferte Artikel sind. Komponentenidentifikation beinhaltet:

Ob die Komponente eine kritische Komponente ist
Häufigkeit der Verwendung der Komponente in verschiedenen Strukturen
Kosten der Komponente
Ungeschützte Vorlaufzeit der Komponente

Primärer Fokus ist die Bewertung freigegebener Komponenten, die in vielen Strukturen mit einer beträchtlichen ungeschützten Vorlaufzeit vorhanden sind. Es muss bestimmt werden, ob es sich bei den Artikeln um potenziell zu lagernde Artikel handelt, um die Vorlaufzeit oder den Lagerbestand der übergeordneten Artikel zu reduzieren.

2. Pufferprofile und -stufen

Nach dem Definieren der strategischen Entkopplungspunkte müssen einige Regeln festgelegt werden, wie diese Entkopplungspunkte weiter verwaltet werden sollen. Pufferprofile enthalten einige generische Merkmalsgruppen von Artikeln. Darüber hinaus helfen Vorlaufzeit-Kategorien und Variabilitätskategorien bei der Einordnung verschiedener Artikel in verschiedene Kategorien unter Berücksichtigung ihrer ungeschützten Vorlaufzeit und bei der Analyse ihrer Beschaffungs- und Bedarfssituation. Mithilfe dieser Attribute können Pufferstufen eingerichtet werden. Pufferstufen sind farbcodierte Pufferzonen, die in der Planungsphase zur Verwaltung von Bestandsebenen von gepufferten oder von der Vorlaufzeit entkoppelten Komponentenartikel verwendet werden.

Pufferzonen werden basierend auf den folgenden Faktoren berechnet:

Artikeltyp: Dieser gibt an, ob der gepufferte oder entkoppelte Artikel hergestellt, eingekauft, eingekauft (roh) oder gefertigt (Rezeptur) wurde. Vorlaufzeit-Kategorien für einen Artikeltyp können sich vom anderen Artikeltyp unterscheiden.
Variabilitätsfaktor: Dieser wird unter Berücksichtigung der Angebots- und Nachfragesituation bewertet. In IFS Cloud wird die Bewertung anhand der historischen Entnahmen durchgeführt, die für einen definierten Horizont in der Vergangenheit vorgenommen wurden. Die Variabilität kann auch nach Artikeltyp kategorisiert werden.
Mindestauftragsmenge: Für Losgrößen können bestimmte Beschränkungen gelten, und einige Losprüfungen können rechtmäßig sein (z. B. beim Einkauf kann die Losgröße eingeschränkt werden, wenn Lieferbeschränkungen bestehen. Bei gefertigten Artikeln funktioniert der Fertigungsprozess bei einigen Chargengrößen gut).
Auferlegter Auftragszyklus: Dieser legt fest, wie häufig aufgrund bestimmter Lieferrichtlinien Aufträge erteilt werden können.
Durchschnittliche tägliche Nutzung (Average Daily Usage, ADU): Diese wird auf Basis der historischen Entnahmen innerhalb des definierten Horizonts berechnet.
Ungeschützte Vorlaufzeit: Dies ist die kumulierte Vorlaufzeit, die als längste ungeschützte/ungepufferte Folge in einer Produkt-Stückliste definiert ist.
Vorlaufzeit-Faktoren: Definiert als Prozentsatz der durchschnittlichen täglichen Nutzung über eine ungeschützte Vorlaufzeit. Als Faustregel gilt: Je länger die ungeschützte Vorlaufzeit, desto kleiner sollte der Vorlaufzeit-Faktor sein. Vorlaufzeit-Faktoren für die grüne und die rote Zone können individuell festgelegt werden.

Es gibt insgesamt fünf Pufferzonen:

Schwarze Zone
Rote Zone
Gelbe Zone
Grüne Zone
Blaue Zone

Die schwarze Zone steht für einen Fehlbestand, während die blaue Zone für einen beliebigen Wert oberhalb der grünen Zone steht. Die verbleibenden Pufferzonen werden wie folgt festgelegt. Wenn Anpassungen vorgenommen werden, wirken sich diese auch auf die Berechnungen der Pufferzone aus.

Die gelbe Zone wird wie folgt berechnet:

ADU * ungeschützte Vorlaufzeit

Für die grüne Zone gilt der größte der folgenden Werte:

ADU * Ungeschützte Vorlaufzeit * Grüner Vorlaufzeit-Faktor
ADU * Auferlegter Auftragszyklus
Mindestauftragsmenge

Rote Zone, berechnet als Summe der roten Basis und der roten Sicherheit:

Rote Basis = ADU * Ungeschützte Vorlaufzeit * Roter Vorlaufzeit-Faktor
Rote Sicherheit = Rote Basis * Variabilitätsfaktor

Z. B. mit der folgenden Eingabe:

Durchschnittliche tägliche Nutzung = 20 pro Tag
Ungeschützte Vorlaufzeit = 14 Tage
Grüner Vorlaufzeit-Faktor = 50 %
Mindestauftragsmenge = 200
Auferlegter Auftragszyklus = 7 Tage
Roter Vorlaufzeit-Faktor = 50 %
Variabilitätsfaktor = 25 %

Berechnungen wären:

Gelbe Zone = 20 * 14 = 280
Grüne Zone = 200
Rote Basis = 20 * 14 * 50 % = 140
Rote Sicherheit = 140 * 25 % = 35
Rote Zone = 140 + 35 = 175

3. Dynamische Anpassungen

Im Laufe der Zeit können sich die Bedingungen für die gepufferten Artikel ändern. Dies können z. B. die Einführung neuer Lieferanten oder Komponenten, Änderungen im Fertigungsprozess und/oder der Methoden sein. Um diese neuen Bedingungen zu erfüllen, müssen ggf. die Pufferstufen angepasst werden. Es gibt vier Arten von Anpassungen:

Neu berechnete Anpassungen: Diese werden verwendet, um ADU-basierte historische Entnahmen für einen rollierenden Horizont neu zu berechnen. Es kann ein langer oder kurzer rollierender Horizont, der pro Vorlaufzeit-Kategorie definiert ist, verwendet werden.
Prognostizierte Anpassungen: Dient zur Beeinflussung der Bestandspositionen durch Anpassung von ADU auf Basis eines Prognosehorizonts, der pro Vorlaufzeit-Kategorie definiert ist. Prognoseanpassungen werden häufig für Situationen wie Saisonabhängigkeit, Anlaufzeit und Auslaufzeit des Produkts verwendet.
Geplante Anpassungen: Diese werden verwendet, um Anpassungen an verschiedene Pufferartikelattribute über einen bestimmten Zeitraum zu definieren. Die einsatzbereite ADU wird automatisch durch Anwenden eines Faktors auf die einsatzbereite ADU-Quelle angepasst. Anpassungen können auch auf ungeschützte Vorlaufzeiten und Pufferzonen angewendet werden. Eine geplante Anpassung kann mit einem gepufferten Artikel oder einem Pufferprofil verknüpft werden.
Manuelle Anpassungen: Die Option zur Durchführung manueller Anpassungen dient zur flexibleren Anpassung von Pufferzonen gemäß einer manuell angepassten ADU.

4. Bedarfsgesteuerte Planung

Wenn Pufferstufen und Pufferzonen eingerichtet sind, berücksichtigt die Materialbedarfsplanung (MRP) die gepufferten Artikel für die Planung. Sobald die MRP durchgeführt wurde, wird die MRP-geplante Beschaffung erstellt, ohne den zukünftigen Bedarf zu berücksichtigen, aber unter Berücksichtigung offener Lieferungen, Bestandsmengen, heute fälliger Bedarfe, überfälliger Bedarfe und qualifizierter Auftragsspitzen. Qualifizierte Auftragsspitzen sind Bedarfe, die innerhalb des Auftragsspitzenhorizonts liegen und die den Auftragsspitzenschwellenwert erreichen oder überschreiten. Unter Berücksichtigung all dieser Parameter kann die Nettoflussposition wie folgt berechnet werden:

Nettoflussposition = Bestandsmenge + offene Lieferungen – überfälliger Bedarf – heute fälliger Bedarf – qualifizierte Auftragsspitzen

Puffer werden hauptsächlich in die rote, gelbe und grüne Zone unterteilt. Wenn die gemäß der obigen Gleichung abgeleitete Nettoflussposition unter die grüne Zone fällt, erstellt die MRP einen Planbeschaffungsauftrag mit der folgenden Menge:

MRP-Plan-Beschaffungsmenge = Obergrenze der Menge in der grünen Zone – Nettoflussposition (MRP-Plan-Beschaffungsmenge wird weiterhin einer Losgröße unterzogen)

Bedarfe werden nur dann in die untere Komponente der übergeordneten Komponente aufgelöst, wenn ein MRP-Plan-Beschaffungsauftrag vorhanden ist. Außerdem werden die Bedarfe nur gemäß der MRP-Plan-Beschaffungsmenge aufgelöst.

Ein spezifischer Artikel hat beispielsweise folgende Zonen und alle folgenden Bedingungen für Bedarfe und Lieferungen:

Obergrenze der grünen Zone = 350
Bestandsmenge = 150
Summe der überfälligen Bedarfe = 40
Summe der heute fälligen Bedarfe = 10
Summe der Auftragsspitzen = 30 (beachten Sie, dass Bedarf 45 außerhalb des Auftragsspitzenhorizonts liegt)
Summe der Beschaffungen = 90

Berechnungen:

Nettoflussposition = 150 + 90 – 40 – 10 – 30 = 160, was in die gelbe Zone fällt.
MRP geplante Beschaffungsmenge = 350 – 160 = 190

Geplante Beschaffungen werden überprüft und in offene Beschaffungsaufträge umgewandelt, basierend auf der Planungspriorität, die als Nettoflussmenge / Obergrenze von Grün berechnet wird. Die bedarfsgesteuerte Planung endet, wenn geplante Beschaffungsaufträge in offene Beschaffungsaufträge umgewandelt wurden.

5. Sichtbare und kollaborative Ausführung

Die DDMRP erleichtert auch das Identifizieren von Prioritäten der Auftragsverwaltung. Gepufferte Artikel können gemäß dem MRP-Bestandspufferstatus kategorisiert werden. Diese Status werden in fünf Kategorien unterteilt: Blau, Grün, Gelber Alarm, Roter Alarm und Schwarzer Alarm. Je nach Status können offene Beschaffungsaufträge durch Analyse des Bestandszustands weiter ausgeführt werden.

Darüber hinaus wird ein Prozentsatz des Bestands über der roten Zone bereitgestellt, die als Ausführungspriorität dargestellt wird, um Prioritäten bei der Ausführung von Aufträgen zu ermitteln. Diese zeigt den Schweregrad der Verringerung der Bestandsmenge an.

Ausführungsprioritäten von Beschaffungsaufträgen können mithilfe der nachfolgenden Elemente ermittelt werden:

Ausführungspufferstatus: Es sind fünf Kategorien verfügbar: Blau, Grün, Gelber Alarm, Roter Alarm und Schwarzer Alarm.
Ausführungspriorität: Zeigt die Bestandsposition über der gesamten roten Zone als Prozentsatz an, um den Vergleich mit anderen Artikeln zu erleichtern.

So werden die Kategorien des Ausführungspufferstatus in der Anwendung festgelegt:

Bestandspuffer-Warngrenzwert ist definiert als Prozentsatz der gesamten roten Zone. Jede Planungszone oder die Nettofluss-Pufferzonen können in Ausführungspufferstatus-Kategorien umgewandelt werden.

Zum Beispiel: Wenn Bestandspuffer-Warngrenzwert = 50 % der gesamten roten Zone, dann:

0 %–50 % der roten Zone des Nettofluss-Pufferstatus = Roter Alarm im Ausführungspufferstatus

51 %–100 % der roten Zone des Nettofluss-Pufferstatus = Gelber Alarm im Ausführungspufferstatus

0 %–100 % der gelben Zone des Nettofluss-Pufferstatus = Grüner Alarm im Ausführungspufferstatus

0 %–100 % der grünen Zone des Nettofluss-Pufferstatus = Blauer Alarm im Ausführungspufferstatus

Aktionsmeldungen:

Aktionsmeldung	Nachverfolgung
Kein Bedarf innerhalb ungeschützter Vorlaufzeit	Diese Meldung wird angezeigt, wenn innerhalb der ungeschützten Vorlaufzeit kein Bedarf besteht. Dies kann nützlich sein, wenn der aktuelle Pufferstatus in der roten Zone ist. Da kein Bedarf vorhanden ist, haben diese Artikel eine niedrige Priorität.
Beschaffungsaufträge neu terminieren	Diese Meldung wird für gepufferte Artikel angezeigt, die den Ausführungspufferstatus Schwarzer Alarm oder Roter Alarm und den Nettofluss-Pufferstatus Grüne Zone oder Blaue Zone haben. Dies bedeutet, dass der Artikel manchmal einen negativen Wert in veranschlagten Bestand hat. Diese Bedingung wird nur bis zur ungeschützten Vorlaufzeit vor dem MRP-Ausführungsdatum ausgewertet. Verspätete Aufträge müssen neu terminiert werden.
Späte Best. - Gepufferter Artikel	Diese Meldung wird angezeigt, wenn der Ausführungspufferstatus den Status Schwarzer Alarm, Roter Alarm oder Gelber Alarm hat, der veranschlagte Bestand innerhalb der ungeschützten Vorlaufzeit einen positiven Wert hat und der Nettofluss-Pufferstatus in der grünen Zone oder blauen Zone liegt. Eine Informationsmeldung, die besagt, dass der aktuelle Pufferstatus gefährdet ist, aber angesichts des aktuellen Auftragsstatus einen positiven prognostizierten Bestand ohne Fehlbestand erreichen sollte.
Pufferzonen nicht definiert	Diese Meldung wird angezeigt, wenn die MRP ausgeführt wird, bevor Pufferzonen ordnungsgemäß definiert wurden.
PMRP unterstützt Planungsmethode H nicht, Artikel geplant als A	Diese Meldung wird angezeigt, wenn versucht wird, eine DDMRP für PMRP auszuführen.

Hinweis: Lobby-Elemente werden sowohl für den Nettofluss-Pufferstatus als auch für den Ausführungspufferstatus zur Verfügung gestellt.